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Sunbury Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Allein kann man nicht feiern. Und: ‘id mubârak. Und: ein Aufruf.

Die gestrige Reaktion auf eine Facebook-Statusmeldung hat mich veranlasst, hier ein Thema aufzugreifen, über das offensichtlich ansonsten kaum gesprochen wird.

Zwar wissen wir alle: Im Grunde muss sich ein Muslim nie wirklich allein fühlen. Und alles, was er wirklich braucht, ist Allah. Denn Er sagt: “… Wir sind ihm (dem Menschen) doch näher als seine Halsschlagader(Qāf: 16),  und: “…sag: Meine Genüge ist Allah. (At-Tauba: 129). 
 
Trotzdem…. :
 
Gestern war also der erste, der wichtigste Tag des Opferfestes, und ich begab mich zum Festtagsgebet nach Portimão. Wie üblich fanden sich auf der Praça Gil Eanes eine recht große Anzahl Männer und eine Reihe Frauen ein. Hier ein Bild vom ‘Id-ul-Fitr – es sah gestern so ähnlich aus, nur der Himmel war blauer, aber ich hatte keine Lust zum Fotografieren.
 
Es ging mir nämlich gestern nicht so gut. Denn mir wurde – verbunden mit der sehnsüchtigen Erinnerung an denselben Tag letztes Jahr in Mekka – bewusst, wie allein ich war. Nach wie vor habe ich in meiner Gegend keinen Anschluss zu Gleichgläubigen, was erstens daran liegt, dass es hier sehr wenige Musliminnen gibt und zweitens diese wenigen keine meiner Sprachen sprechen.
 
Scheinbar brauchte ich ein Ventil, und so schrieb dann, als ich wieder zuhause war, allein, etwas niedergeschlagen, ohne viel zu überlegen in meinen fb-Status:
 
“Heute fällt mir das Alleinsein schwer” 
 
was als erstes eine Welle von überaus tröstlichen Sympathiebezeugungen  zur Folge hatte – für die ich mich auch an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bedanke, es hat so gut getan und meine Stimmung in kurzer Zeit wieder ganz beträchtlich gehoben. Zwischenzeitlich schämte ich mich für meine Jammerei und fand sie – in Anbetracht der schrecklichen Vorfälle in Mekka und in Sanaa und des ganzen Kriegs- und Flüchtlingselends auf der Welt – unangemessen. 
 
Aber dann war ich doch wieder ganz froh, das Thema aufgegriffen zu haben.
 
Es stellte sich nämlich heraus, dass ich ganz und gar nicht die einzige bin, die sich gerade so fühlte. Nein – in Deutschland und der Schweiz gibt es offenbar gar nicht wenige Muslime, Frauen und Männer, die sich an solchen Tagen genauso einsam fühlen wie ich – obwohl es doch dort viel mehr Glaubensgeschwister gibt. Und keine Sprachbarrieren wie bei mir hier.
 
Ich glaube, das müsste gar nicht sein. Dass ich spontan einige von Herzen kommende, ernst gemeinte Einladungen erhielt, bestärkt mich in diesem Glauben. (Leider wohne ich einfach ein bisschen zu weit weg…). Bestimmt ist es nur Unwissenheit, Unachtsamkeit. Man sieht es uns ja auch nicht an, dass wir gleich zuhause alleine “feiern” werden. (Nein. Man kann allein nicht feiern.)
 
Liebe Muslim/Innen in der Schweiz und in Deutschland, konvertierte und geborene, mit oder ohne “Migrationshintergrund”, und ich meine jetzt diejenigen, die Familie und/oder Freunde haben, die sie zum Festtag umarmen, mit denen sie feiern können: Vielleicht gibt es in eurer Moschee oder in eurer Gegend auch so einen Glaubensgenossen oder eine Glaubensgenossin, der oder die immer ganz allein zum Festtagsgebet erscheint und alleine wieder weggeht … dann nehmt euch ein Herz – euer muslimisches Herz! -, sprecht die Person an! Vielleicht wartet sie sehnlichst darauf, Anschluss zu finden. Wenn nicht, ist die Sache schnell erledigt – as-salamu alaykum. Wenn ja – wer weiß! Wird sicher spannend.
 
Übrigens: Es könnte hilfreich sein, wenn der eine oder andere Imam diese Sache in seiner Chutba thematisieren würde.
 
Und nun wünsche ich etwas verspätet aber umso herzlicher allen LeserInnen gesegnete Opferfesttage.
(Bastelvorlage von Andreas Ismail Mohr

PS: Mir geht es wieder gut. Man kann zwar nicht allein feiern. Aber es gibt andere Möglichkeiten: “Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe! (Ar-Ra’d: 28)

  
Veröffentlicht am 2015-09-25



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