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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Mehr Kopf als Tuch: eine Rezension

Ausnahmsweise* habe ich mich wieder einmal bereit erklärt, ein Buch zu besprechen, und zwar

Mehr Kopf als Tuch

http://bfnionizers.com/templates/beez3/ALFA_DATA Mehr Kopf als Tuch

buy Ivermectin canada Muslimische Frauen am Wort

Herausgekommen beim Tyrolia-Verlag am 1. November 2017

mit Beiträgen von Amani Abuzahra, Leyla Derman, Kübra Gümüsay, Soufeina Hamed, Anja Hilscher, Dudu Kücückgöl, Haliemah Mocevic, Kevser Muratovic, Maisa Pargan, Nadia Shehadeh und Betül Ulusoy.

In diesem Gemeinschaftswerk von elf muslimischen Autorinnen – alle Hochschulabsolventinnen – findet sich in der Tat genau das: mehr Kopf als Tuch. Das Tuch ist darin nämlich etwa so nebensächlich, beziehungsweise so selbstverständlich wie im wirklichen Leben – man trägt es – oder eben nicht. Eigentlich kein Thema – wären da nicht die „anderen“.

Die Geschichten, die die Frauen erzählen, handeln deshalb zumeist eher nebenbei vom Kopftuch, und oft auch eher nebenbei vom Islam, dafür umso mehr von ihnen selbst. Und von Ihnen, liebe LeserInnen. Sie berichten von verschiedenen Aspekten des Lebens als Frauen muslimischen Glaubens unter Nichtmuslimen.

Jede von ihnen beweist ihren „Kopf unter dem Tuch“ auf kurze, prägnante Weise, jede ganz anders als die andere, sowohl in Thematik als auch in Ausdrucksweise und Stil. Ich habe es beim besten Willen nicht geschafft, die einzelnen Beiträge zusammenzufassen – Sie müssen das Buch schon selber lesen, wenn Sie sich dafür interessieren, was die Frauen über Migration und Integration, über Identität und Zugehörigkeit, über muslimischen Familienalltag, über Spiritualität, Vorurteile, Feminismus, über Sprache, über einen Großvater und über MuslimaPride zu sagen haben – teils auf wissenschaftliche, teils auf sehr persönliche, teils auf poetische Weise.

Lassen Sie mich zwei, drei Punkte herauspicken und sie mit der Situation bei mir in Portugal vergleichen:

Kevser Muratovic machte mir bewusst, wie einschränkend so ein Kopftuch sein kann – wenn man auf dieses eine Identitätsmerkmal reduziert wird. Zum Glück empfinde ich das hier in Portugal überhaupt nicht so. Mir bringt es kurze Momente der Zusammengehörigkeit und ab und zu ein „Salam alaikum“ wenn ich – selten genug – mal auf eine/n GlaubensgenossIn treffe. Und die Portugiesen reagieren, wenn überhaupt, zumeist positiv, freundlich, interessiert. Alhamdulillah.

Es ist eine bedenkliche Entwicklung, dass man sich, wie Leyla Derman beschreibt, in deutschen Städten als erkennbare Muslima offenbar nur noch in muslimischen Vierteln sicher fühlen kann. Ausgerechnet in Bezirken, die Nichtmuslime aufgrund der „vielen Ausländer“ als „No-go-Zonen“ und „gefährliche Gegenden“ betrachten.

Das Image der Muslime, wie Soufeine Hamed vorschlägt, durch „Lächeln in der Bahn und beim Stehenbleiben bei Rot zu ‘reparieren’“, ist eine schöne Idee. Dass es überhaupt nötig ist, ist traurig. (Wegen ein paar Idioten, die unsere Religion missbrauchen und ein paar anderen Idioten, die genau das zum Vorwand nehmen, um gegen alle Muslime Stimmung zu machen – und weil viel zu viele ahnungslose Menschen auf  letztere hereinfallen). Nein, ich glaube, so schlimm ist der Ruf des Islams hierzulande (noch?) nicht. Trotzdem gebe auch ich mir Mühe, ein möglichst positives Bild abzugeben. Aber eher, weil das sowieso zur meiner Religion gehört – eine Religion, in der ein Lächeln als gute Tat gilt. Und weil man für fast jedes Lächeln eins zurückkriegt!

Was alle Geschichten durchzieht, ist der Wunsch nach Begegnungen auf Augenhöhe, der Wunsch, als Individuum wahrgenommen zu werden, weder als ungebildetes, unterdrücktes, zum Verhüllen gezwungenes, zwangsverheiratetes Kopftuchhuscheli (Entschuldigung – das war schweizerdeutsch – ein besseres Wort fällt mir nicht ein) noch als Frömmlerin, und auch nicht als tolle, aufgeklärte weil kopftuchfreie Vorzeigemuslima. Sondern einfach als Frau, als Mensch, als Mitbürgerin.

Das ist die Hauptbotschaft des Buches. Denn MuslimInnen sind – wie Anja Hilscher so schön sagt, „mehr als nur Muslime. Es ist kein Widerspruch, darüber hinaus eine Persönlichkeit zu haben.“

Fazit

Nebst dem Einblick in ganz persönliche Erfahrungen und Ansichten von ein paar interessanten Glaubensgenossinnen werden MuslimInnen in diesem Buch manches finden, das sie ähnlich auch schon erlebt oder gedacht haben – aber auch neue Sichtweisen und Denkanstöße.  Anders- oder Nicht-Religiöse werden sich vor allem ein etwas besseres Bild machen können über die Vielfalt dessen, was “unter dem Kopftuch” ist.

Diejenigen LeserInnen, die hoffen, eine abschließende Antwort auf die Frage „warum das Tuch“ zu bekommen, werden allerdings enttäuscht werden. Da müssen Sie schon Ihren Mut zusammennehmen und die nächste sympathische Muslimin, die Ihnen begegnet, einfach mal selbst fragen – wie es die nette Dame im Zug mit Anja Hilscher tat. Am besten fragen Sie mehrere, nicht nur eine, weil Sie sonst die erste beste Antwort fälschlicherweise für die alleinseligmachende halten könnten.

Es wäre sehr zu wünschen, dass das Buch auch einigen Vorurteilen zu Leibe rücken könnte.  Bei den meisten, die sich ein solches Werk anschaffen, wird das allerdings kaum nötig sein – und die meisten, bei denen es nötig wäre, werden es wohl kaum lesen. Schade, eigentlich.

 

(* Es ist ja nicht so, dass ich etwas gegen Rezensionen hätte. Es ist nur nicht so mein Ding – ich tu mich etwas schwer damit. Ich lese sie lieber als dass ich sie schreibe.)

PS: Ich nutze die Gelegenheit, um ganz unaufdringlich wieder einmal an >>mein eigenes Buch zu erinnern. 

  
Veröffentlicht am 2018-01-15



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