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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Allahs Lamm

Letztes Jahr beschränkte sich meine Teilnahme am ʿId-ul-Adha noch darauf, den Preis für ein Lamm zu bezahlen und am Festtagsgebet teilzunehmen, das normalerweise im Freien durchgeführt wird. Aus dieser knappen Stunde bestand mein persönliches kleines Opferfest.
Diesmal regnete es und deshalb fand das Gebet in der Moschee (eine normale umfunktionierte Wohnung) statt, und zwar in zwei Durchgängen, weil die Moschee viel zu klein ist, um alle Gläubigen aufzunehmen.
Wie mit dem Imam vereinbart, wollte ich anschließend wieder mein Opfertier bezahlen und nach Hause fahren. Aber diesmal kam ich so nicht davon. Ein Drittel des Lamms sei, meinte er, nach Sunna des Propheten s.a.s. für die Armen, ein Drittel für die Nachbarn und ein Drittel für mich, und man werde mir meinen Anteil am Nachmittag vorbei bringen.
Und so geschah es. Ich konnte ihn dann Gott sei Dank noch davon überzeugen, dass ich keine Nachbarn habe, denen ich Fleisch schenken könnte und dass sie, also die muslimische Gemeinschaft hier, meine Nachbarn seien. Dann zog ich mit meinem Drittel ab, etwas besorgt über die Arbeit, die ich damit haben würde.
Es war glücklicherweise grob zerteilt, sodass ich zuhause nur noch die „Feinarbeit“ vornehmen, das Fleisch portionieren und einfrieren musste. Ich bin keine besonders ambitionierte Köchin, und mit rohem Fleisch zu hantieren ist für mich eins der unangenehmsten notwendigen Übel in der Küche.
Um so mehr erstaunt, was mit mir vorging, als ich dieses ganz frisch geschlachtete Fleisch (es war noch warm…) verarbeitete. Das Lamm. Mein Lamm. Mein Opferlamm. Allahs Lamm. Fast andächtig arbeitete ich und erinnerte mich dabei der Geschichte Ibrahims und seines Sohnes. Der vielen Muslime, die überall in der Welt dasselbe tun: ein Lamm schlachten zu Ehren Allahs, die Armen und die Nachbarn speisen und selber feiern. Fragte mich, wie wohl die Millionen von Pilger in Mekka diesen Tag verbringen – und die paar Menschen, die ich kenne, die da mittendrin sind. Und noch eine Geschichte fiel mir ein: Wie meine beiden damals noch kleinen Söhne und ich  in den herbstlich gefärbten Schweizer Alpen auf einer Wanderung einer Schafherde mit ihrem Hirten begegneten, der ein eben geborenes Lämmchen auf dem Arm trug, noch samt der Nabelschnur. (Die Szene habe ich damals in obigem Salzteigbild verewigt).
Die Meinungen sind geteilt, was die Tradition des Schlachtens angeht. Gerade heute, wo man weiß, wie sehr der übertriebene Fleischverzehr der einen ein Grund für den Hunger von anderen ist. Ich glaube, viele Muslime wenden sich vom Schlachten ab und bezahlen lieber einen entsprechenden Betrag an bedürftige Menschen in armen Ländern. Ich weiß nicht, ob ich es selber nächstes Jahr auch so machen werde. Auf jeden Fall bin ich sehr dankbar für diese Erfahrung mit meinem Lamm. Allahs (swt) Lamm.

Und,  übrigens, damals in Marokko und auch kürzlich im Ramadan in der Moschee mit den Frauen aus Afrika habe ich gelernt, wie unglaublich wenig Fleisch es braucht, um super leckeres Essen zu kochen und ganz viele Menschen zu verköstigen – wenn man das Fleisch nicht als Hauptspeise sondern eher als geschmacksgebende Zutat benutzt. Von dieser Erkenntnis habe ich heute profitiert, als ich ein Rezept meiner Bloggerkollegin ziemlich frech variierte (weniger Fleisch, statt Pflaumen und Quitten getrocknete Aprikosen und das ganze mit viel Kartoffeln „gestreckt“). Das ist dabei herausgekommen:

 

Und es hat geschmeckt!

Veröffentlicht am 29.10.2012 – mein zweites Opferfest als Muslimah.
  
Veröffentlicht am 2012-10-29



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11 Antworten zu “Allahs Lamm”

  1. Muslime "müssen" kein Fleisch essen. Zumal das meiste Fleisch heutzutage Qualfleisch ist. Solange es Schlachthöfe gibt wird es Schlachtfelder geben.

  2. ich gehöre zu den menschen die kein lamm essen egal welches alter und da ich zum opferfest alleine war mein mann war auf seminar viel es für mich ganz aus

  3. @ nuor el aidi

    Es gibt weitaus mehr Auswahlmöglichkeiten an Opfertieren als Lamm. Zudem ist ein Seminar oder ähnliches kein Grund das Opfern ausfallen zu lassen, vorausgesetzt man ist finanziell in der Lage ein Opfertier zu kaufen. Man hat zu jeder Zeit die Möglichkeit einen Vertreter, die Gemeinde (Moschee) oder eine Hilforganisation damit zu beauftragen.

  4. @ Anonym

    "Esst davon…" ist als Erlaubnis (!) vom Verzehr des Fleisches des Opfertiers zu verstehen und nicht als generelle Verpflichtung (!) zum Fleischverzehr.

    Es müsste kein "Qualfleisch" geben, wenn Menschen auf dieser Erde ihr Fleischkonsum zügeln würden. Einmal im Jahr Fleisch zu essen ist wohl keine Schande. Ich will mir auch nicht ausmalen, wie es uns Menschen ergehen würde, wenn Tiere auf dieser Erde anfangen würden den Menschen alles wegzufressen, weil Menschen anfangen Tiere überhaupt nicht mehr zu verzehren. Man sieht also, es muss schon ein Gleichgewicht herrschen. Der Islam lehnt extreme Haltungen in jede Richtung ab und lehrt in allen Dingen das Maßvolle und das ist gut so.

  5. Der Satz steht im Imperativ, ist anscheinend also ein Befehl Gottes. Wer dies als bloße Erlaubnis interpretieren möchte, sollte schon einen Beweis bringen.

  6. @ Anonym (vom 2.November.2012)

    "Esst und trinkt, das Büffet ist eröffnet!" Würden Sie aus diesem Imperativ den Befehl zur Verpflichtung zum Essen verstehen oder eher die nette Aufforderung, die Erlaubnis zum Essen? Jeder normale Mensch würde es als nette Geste der Aufforderung, die Erlaubnis zum Essen verstehen. Sie sehen also, dass der Imperativ durchaus mehr Nuancen kennt, als Ihnen anscheinend bewusst ist.

    Es ist nachvollziehbar, warum der Schöpfer die Erlaubnis zum Essen gibt und das im Imperativ, denn die Gläubigen hätten ja ohne diesen Vers annehmen können, dass Opferfleisch generell nicht zum Verzehr offen ist. So aber zeigt Gott im Quran, dass Verzehr von Opferfleisch ohne jeden Zweifel erlaubt sein soll.

    Die Essgewohnheiten des Propheten Muhammad s.a.w. sind wie alles andere in und an seinem Leben sehr gut über Hadithe dokumentiert. Ein Blick auf diese Überlieferungen und man sieht, dass er sehr ausgewogen und maßvoll aß. Und das ist der Weg, der für uns Muslime jedenfalls zu beschreiten ist- das Maßvolle.

  7. Allgemein zum Thema Fleisch fällt mir auch das Thema Halal ein. Das ganze Fleisch, die Wurst etc die in den muslimischen Metzgereien als Halal verkauft werden: ist es überhaupt wirklich richtig Halal weil es Halal geschlachtet wurde? Das Schächten im Islam soll mit vollem Respekt vor dem Tier geschehen: es darf nicht sehen, wie andere Tiere geschächtet werden, es darf das Messer nicht sehen, mit dem es selber geschächtet wird, sein Gesicht muss Richtung Mekka zeigen und es muss gebetet werden! Ein ehrenwürdigerr Tod also! Wenn das Tier aber, in der Massentierhaltung aufgezüchtet wird (und von daher kommt der Großteil des Fleisches auch beim türk./musl. Metzger) kann es dann wirklich im Sinne unseres Schöpfers, Allahs swt, liegen, dass diese Tiere ein qualvolles, lebensunwürdiges Dasein fristen, in denen sie keine frische Luft, keine Sonne, keine Freiheit kennen, sondern nur Schmerz, Pein und Qual und wie leblose Ware in einer großen Fabrik hantiert werden? Kann das dann wirklich Halal sein, wenn zuvor das Tier gegen das Gebot, jedes Lebewesen zu respektieren und gut zu behandeln, so grausam behandelt wird und dann im Akkord eines nach dem anderen "halal" am Laufband erledigt wird???
    Mir macht dieses Thema oft sehr zum Denken und unter heutigen Umständen, wo wohl nur die wenigsten Menschen die Möglichkeit haben werden, Bio-Halal-Fleisch von Tieren, die in Freiheit aufgewachsen sind, zu bekommen. Und ich denke auch oft dass es sogar besser wäre, gar kein Fleich mehr zu Essen unter diesen Bedingungender. Oder zumindest sehr maßvoll damit umgehen!
    Y.E.

  8. Zum Islam gehört das Opferfest einfach dazu. Ich glaube nicht, dass das Problem des masslosen Fleischkonsums deutlich gelindert werden kann mit dem Verzicht auf Fleisch zu Eid. Das Grundproblem ist, wie vor mir schon erwähnt wurde, nämlich dass generell viel zu viel Fleisch gegessen wird. Würde nur zur Eid geschlachtet und zwischendurch von den Menschen kein oder nur wenig Fleisch gegessen, dann würde es schon gar keine Massentierhaltung benötigen!
    Zum Argument, dass Tiere uns Menschen alles wegessen würden, wenn wir sie töten: es würde gar nicht soviele Tiere geben, würde der Mensch die nicht massen-züchten und mehrere Tonnen Fleisch täglich fabrizieren! Bei einer normalen, natürlichen Lebenweise könnte es niemals so viele Tiere geben, dass wir nicht mehr genug zum Essen haben. Das ist leider nur ein Argument, dass oft hergehalten wird, damit wir unser Gewissen beruhigen. Fakt ist, dass heutzutage viel zu viel Fleisch gegessen wird! Zu Zeiten unseres Propheten saw, gab es diese Massentierhaltung und Massen-Fleischkonsum noch nicht und ich denke auch, dass wir Menschen ein maßvolles Leben führen sollen. Ich betrachte es sogar als eine Sünde, dass wir Tiere und Natur so ausbeuten und so maßlos und gierig die Ressourcen verschwenden. Im Islam hat der Restpekt vor der Schöpfung Allahs swt hohe Bedeutung, denn es ist SEINE Schöpfung, die wir zu ehren haben! Und dazu gehört jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze!
    Ich finde, wie Chadidscha schreibt, weniger Fleisch generell zu essen, durchaus erstrebenswert. In vielen Ländern hat bei einer Mahlzeit oft jeder nur ein kleines Stückchen Fleisch (wenn überhaupt) und nicht, wie in Europa einer allein ein halbes Hähnchen oder ein 300g Steak für sich. Da reicht ein Hähnchen oder 300g für einige Personen und eine ganze Familie oft!

    Ich denke aber, dass das Opfern trotzdem dazu gehört. Allerdings glaube ich, dass es unter Umständen eine Alternative sein kann, wenn man anderen mit einer Spende ein Opfertier ermöglicht. Wenn zB eine alleinstehende Frau nicht weiß, wohin mit einem drittel Schaf, dann kann es vielleicht sinnvoll sein auch darauf zu verzichten und stattdessen etwas zu spenden…?
    Bei uns ist es so, dass mein Mann seiner Familie das Schaf spendiert, die es dann opfern und teilen Wir selber kaufen für uns keines, feiern dann aber in der Moschee, wo es nochmal eie kleine Spende gibt oder bei Freunden, wo dann gemeinsam Schaf/Lamm gespeist wird. Ich glaube, wichtig ist, dass man sich daran beteiligt. Es heisst ja auch, dass jeder Mann ein Tier opfern muss. Wenn eine Frau alleinstehend ist, ist es dann überhaupt Pflicht, zu opfern?

  9. Ich finde das gerade das Opfern – also den direkten Kontakt mit dem Opfertier, dann das Schlachten und schliesslich eigenhändig portionieren usw. – einem wieder so richtig ins Bewusstsein ruft, dass da ein Lebewesen sein Leben gegeben hat, damit wir jetzt einen guten Happen auf dem Teller haben. Das bringt mehr Respekt dem Tier gegenüber, dem Fleisch gegenüber und mehr Dankbarkeit Allahs gegenüber, als wenn man einfach so ein rosa Etwas in den Einkaufswagen schmettert, ohne an das Tier zu denken, das dahinter steckt.

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