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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Annäherung – Gedanken zum Gebet

Nein, ich denke nicht, dass man das rituelle Gebet, wie in einem Kommentar zum  Beitrag »musst du noch oder willst du schon?« vorgeschlagen, einfach nach Belieben abändern sollte. Für andere Formen gibt es ja die Bittgebete, in denen man ganz ohne Riten und Vorkehrungen jederzeit Zwiesprache mit Gott halten kann.
Schon bei meinen ersten rituellen Gebeten, noch ganz rudimentär, die wichtigsten Texte in Umschrift ablesend, spürte ich, dass es etwas Besonderes ist. Ich ‚wusste‘, dass es so richtig ist, genau so. Es fühlte sich richtig an. Obwohl mein Verstand sich damals noch „totlachen wollte ob der bekopftuchten Verbeugungen und Niederwerfungen“ – wie ich in der »Metamorphose« beschrieben habe.
Seither sind jetzt zweieinhalb Jahre vergangen. Und unzählige Gebete. Zum Lachen ist mir nicht mehr, auch nicht meinem Verstand: er scheint nämlich inzwischen die Gnade dieses Geschenks annähernd verstanden zu haben – und lächelt.
Dass der ganze äußere Ablauf,  die Vorbereitungen, die Rezitationen, die Gebetstexte, die Verbeugungen, die Niederwerfungen, dass dies alles nicht nur (aber natürlich auch!)  der Beweglichkeit des Körpers und der Gehirnzellen zugute kommt, sondern dass da ein geniales System dahinter steckt, erschließt sich erst nach und nach. Denn  ist es nicht genau dieser äußere Ablauf, der zur notwendigen Konzentration verhilft, der dazu beiträgt, sich der richtigen inneren Einstellung, der totalen Hingabe und der bewussten Erfahrung der Präsenz Allahs s.w.s. zu nähern?
Zu nähern, ja. Denn es verhält sich mit dem Gebet ein wenig wie mit dem Spruch von Einstein: „je mehr ich weiß desto mehr erkenne ich dass ich nichts weiß“, nämlich: je mehr ich bete, desto mehr erkenne ich, wie unbedarft, unvollkommen und verbesserungsbedürftig meine Gebete sind. Stückwerk halt.
Und so bleibt nichts übrig, als  weiter zu „üben“ (es kommt wohl nicht von ungefähr, dass man bei der Religion von ‚Praktizieren‘ spricht, von [‚Aus-]’Üben‘), und zu hoffen, dass dieses Stückwerk verschmilzt, dass uns die Summe aller Gebete „im Trachten nach Seinem Angesicht (Al-An’ām: 52)“ inshaAllah  in Seine Nähe bringt.
Aber in einem hat die Kommentatorin natürlich recht. Es ist „nur“ ein Angebot, denn:
«….Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein!……..» (Al-Kahf: 29)
«……..Euch eure Religion und mir meine Religion.» (Al-Kāfirūn: 6)
«……Es gibt keinen Zwang im Glauben……..» (Al-Baqara: 256)

Aber dass, wer glaubt,  «das Gebet verrichten» soll, das kommt im Koran  in verschiedenen Varianten so oft vor, dass ich darauf verzichte, einen speziellen Vers anzugeben.

wer betet, kann sich vorstellen was das ist und aus welcher Perspektive 😉

A propos Nähe:
«Wir haben ja den Menschen erschaffen und wissen, was (alles ihm) seine Seele einflüstert, und Wir sind ihm  doch näher als seine Halsschlagader, (Qāf: 16) »

  
Veröffentlicht am 2012-11-26



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7 Antworten zu “Annäherung – Gedanken zum Gebet”

  1. Liebe Chadidscha,
    ich kann Dir nur zustimmen. Ich beginne meinen Tag mit einem Gebet, lege ihn in Gottes Hand und es geht mir besser.
    Ich hätte nie gedacht, dass mir ein Ritual derart gut tun könnte. Mein nächstes Ziel ist es, mich an die Gebetszeiten zu halten. Da kommen mir immer noch Mann und Kinder regelmäßig dazwischen.
    Leider hab ich die Texte auch nur mit Umschrift und aus dem Internet gelernt, aber sie beruhigen mein Herz und es tut gut sie zu sprechen, auch wenn meine Aussprache mit Sicherheit entsetzlich ist.
    Danke für Deinen tollen Blog, liebe Grüße
    Michaela

  2. As-salamu alaikum!
    Das Foto! 😀
    Ja, irgendwie wird das Gebet besser, weil man es ja mittlerweile kann, aber aus dem gleichen Grund wird es auch irgendwie schlechter. Denn, eben weil man es kann, kann es einem viel leichter passieren, dass man unkonzentriert ist. Das fängt schon bei der Gebetswaschung an. Natürlich kann ich es ganz bewusst langsam, sorgfältig und konzentriert machen …. aber auch ratzfatz.
    Ich muss aufpassen, dass es nicht zu sehr zur Routine wird. Vielleicht mal wieder eine neue Sure auswendig lernen und einbauen….

  3. Da Du meinen Kommentar meintest, muß ich natürlich auch antworten:-)
    Für die, denen das Ritualgebet nach den traditionellen Vorschriften gut tut, ist es ja völlig in Ordnung. Ich höre bzw. lese nur manchmal von welchen, die gar nicht (mehr) beten, weil sie eben mit dieser engen Form nicht zurechtkommen, und da rate ich dann eben, es mit einer anderen Form auszuprobieren. Daß wer glaubt, das Gebet verrichten soll, heißt ja noch nicht, daß er es in einer bestimmten Form verrichten soll (im Koran wird ja sowieso nur Stehen, sich beugen und sich Niederwerfen erwähnt, mehr nicht). Und die drei Zitate finde ich in dem Zusammenhang etwas unpassend, weil Du damit denen, die in einer anderen Form beten, indirekt Unglauben unterstellst. Es ist aber nicht an uns, den Glauben oder Unglauben anderer Menschen zu beurteilen.

  4. Asalamaleikum,
    mashallah moege Allah dich mit dem schoensten belohnen fuer dein streben nach seiner Naehe amin.
    Vielleicht gefaellt dir dieser Vortrag, auch wenn es nicht ums Gebet geht, sondern um das Wunder des Korans an sich. Hat mir sehr gut gefallen.

  5. Kommt das wirklich so rüber? Ich hätte wohl statt «Es ist "nur" ein Angebot» besser schreiben sollen «Der Glaube an sich ist "nur" ein Angebot», ich hatte deine Formulierung in Gedanken ganz automatisch in diesem Sinne ausgeweitet. Die Zitate beziehen sich ja nicht auf die Art des Gebetes, sondern auf die Freiwilligkeit des Glaubens an sich.
    Deinen letzten Satz habe ich übrigens selber schon mal hier irgendwo in ähnlicher Form geschrieben ;).

  6. Wa alaykum as-salam, hier der Vers:

    وَقُلِ الْحَقُّ مِن رَّبِّكُمْ ۖ فَمَن شَاءَ فَلْيُؤْمِن وَمَن شَاءَ فَلْيَكْفُرْ ۚ إِنَّا أَعْتَدْنَا لِلظَّالِمِينَ نَارًا أَحَاطَ بِهِمْ سُرَادِقُهَا ۚ وَإِن يَسْتَغِيثُوا يُغَاثُوا بِمَاءٍ كَالْمُهْلِ يَشْوِي الْوُجُوهَ ۚ بِئْسَ الشَّرَابُ وَسَاءَتْ مُرْتَفَقًا [١٨:٢٩]

    Dieser Teil: «فَمَن شَاءَ فَلْيُؤْمِن وَمَن شَاءَ فَلْيَكْفُرْ» hat die erwähnte Bedeutung. Das ist die Übersetzung von Bubenheim/Elias.

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