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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Aus dem Sinn – aus dem Herzen. Oder: Wie früher.

Über die Angst, ein Geschenk zu verlieren
Vorab:

Eigentlich nehme ich es mit den Gebeten recht genau, versuche, mich wenn immer möglich so zu organisieren, dass ich innerhalb der Gebetszeiten an einem Ort bin, wo ich beten kann. Wenn es sein muss, auch zwischen zwei Autos. Niemand drängt mich dazu. Es ist ein inneres >>Wollen. Das gehört ja wahrscheinlich auch zu dem, was Allah meint, wenn Er von „rechtleiten“ spricht.  Bei geselligem Zusammensein mache ich mir deshalb normalerweise, sobald sich die Gebetszeit nähert, Gedanken, wie ich ohne großes Aufhebens meinem Gottesdienst nachkommen kann (ich bin ja fast immer mit Nichtmuslimen zusammen).

Versteht das nicht falsch. Ich bin keine >>Supermuslima! Ganz im >>Gegenteil. Und es kommt nebst den >>hier erwähnten Schwächen durchaus mal vor, dass ich Fadschr (Morgengebet) verschlafe. Und dass mir der Einflüsterer >>Zweifel einflüstert. Und es gibt auch nach all den Jahren (über acht sind es mittlerweile!) Momente –  zum Glück selten – in denen ich denke „was soll das alles? Vergiss doch einfach die Religion, genieß das Leben wie alle anderen um dich herum, dann ist Friede Freude Eierkuchen und alles wird «wie früher»“. Solche „Anwandlungen“ enden aber immer sehr schnell wie >>hier beschrieben. Alhamdullillah.

«Wie früher»

Um nun auf das gesellige Zusammensein zurückzukommen: Kürzlich war ich wieder einmal mit ganz lieben Menschen zusammen. Wir verbrachten einen sehr schönen Abend im Garten meiner Freundin, mit leckerem Essen und angeregten Gesprächen. Zuhause wurde noch weitergeplaudert, und es wurde recht spät.

Und plötzlich erschrak ich: Es war schon lange Zeit für Ischa (Nachtgebet), und ich hatte noch nicht einmal Maghrib (Abendgebet) gebetet! Keinen Moment hatte ich daran gedacht. Total vergessen! Überhaupt – nicht einen Augenblick lang hatte ich an Gott gedacht, nicht einmal für ein >>Bismillah vor dem Essen.

Nein, natürlich ist das „nicht so schlimm“. Das passiert jedem mal. Und Gott ist verzeihend, großzügig.

Es geht auch gar nicht um das verpasste Gebet. Auch nicht darum, dass ich nicht an Gott dachte – das tue ich ja auch sonst nicht ständig (viel zu wenig). Was mich so sehr erschreckte war, dass es sich anfühlte, als ob ich ein paar Stunden lang keine Muslimin (mehr) gewesen wäre. Völlig abgeschnitten vom Dīn (Glaube, Religion). Von Allah. Ich war tatsächlich ein paar Stunden «wie früher» gewesen.

Ich hatte quasi mich selbst vergessen. Etwas von mir. Etwas Wichtiges: mein Muslim-Sein. Als ich es merkte, war es ein wenig, als ob ich aus einer Ohnmacht zu mir käme. So ähnlich ist es wohl, wenn man aus einer Amnesie aufwacht …

Jedenfalls wurde mir wieder einmal bewusst, was für ein Geschenk der Glaube ist. Und dass man dieses Geschenk gut pflegen und darüber wachen muss, denn es kann sehr schnell verloren gehen und zwar so, dass man nicht einmal mehr weiß, wie es war, als man es noch hatte …

Unser Herr, lasse unsere Herzen nicht abschweifen, nachdem Du uns rechtgeleitet hast, und schenke uns Erbarmen von Dir aus. Du bist ja der unablässig Schenkende. (Sūrah Āl ʿImrān Vers 8)

Übrigens: Weil ich Redensarten so liebe, wollte ich den Artikel erst „aus den Augen, aus dem Sinn“ nennen. Allah aber kann man in zweierlei Hinsicht nicht „aus den Augen verlieren“. Erstens sieht man Ihn gar nicht – wir können Ihn uns ja nicht einmal vorstellen: „Und es gibt nichts, das mit Ihm verglichen werden könnte“ (Sūrah Al-Ichlās, Übersetzung Asad). Dafür aber sieht man Sein Wirken in >>allem, was uns umgibt. Umso schlimmer, wenn man Ihn trotzdem aus dem Sinn verliert…

„Aus dem Herzen, aus dem Sinn“ hätte sich vom Rhythmus und von der Sprechmelodie her gut angehört (ich bin da ziemlich eigen). Das aber, denke ich, wäre vom Ablauf her falsch: Geht einem etwas nicht erst aus dem Sinn und dann aus dem Herzen?

Wie dem auch sei – ich kriegte es jedenfalls mit der Angst zu tun. Und hatte das Bedürfnis, das Erlebte zu verarbeiten. Was ich hiermit tat. Und nun teile ich das Resultat mit euch – vielleicht mag ja der eine oder die andere Leser*in zusammen mit mir versuchen, noch mehr Sorge zu tragen zum kostbarsten aller Geschenke. Das Zauberwort heißt >>Dhikr: Solange wir Seiner gedenken, solange wir Ihn im „Sinn“ behalten, werden wir Allah, so Er will, auch nicht aus dem Herzen verlieren.

«O die ihr glaubt, gedenkt Allahs in häufigem Gedenken» (Sūrah Al-Ahzāb: 41)

PS: Ich empfehle euch – vor allem Leser*innen, die hier neu sind – den Links im Text zu folgen. Erstens zum besseren Verständnis und zweitens, damit das Bild, das ihr euch über die Schreiberin macht, nicht allzu schief wird.

Ach ja – und da gibt’s ja noch meinen allerersten YouTube-Versuch. Über ein Geschenk 🙂 :

  
Veröffentlicht am 2018-09-13



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