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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

die Hand Gottes – ein Märchen

Es waren einmal zwei Muslime. Sunniten. Beide glaubten an den Einen, unwandelbaren, unvorstellbaren, mit nichts aus der Schöpfung vergleichbaren Gott, an Seine Gesandten, Seine Bücher, Seine Engel. Beide versäumten kein Pflichtgebet. Beide verrichteten zusätzliche Sunna-Gebete und sie gedachten Allahs häufig. Beide verrichteten ihre Gebete wenn immer möglich in der Moschee. Bei Nichtmuslimen galten sie schon fast als „Fundamentalisten“. Sie versuchten, gottgefällig zu leben. Sie waren so gute Ehemänner und Väter, wie sie es nur vermochten. Sie bezahlten regellmäßig ihre Zakah und gaben reichlich Almosen. Sie bemühten sich um Wissen im Islam und lernten den Qur’an auswendig. Und sie waren gute Freunde und ihre Familien waren oft zusammen und hatten schöne Zeiten.
Eines Tages sagte der eine zum anderen bei irgend einem Thema: „das liegt in der Hand Gottes!“ 
Der andere erwiderte: „Was sagst du denn da – Allah hat doch keine Hand! 
„Doch,“ sagte der erste, „im Koran sind an verschiedenen Stellen die Hände Gottes erwähnt“.  
„Ja,“ sagte der andere, „aber das ist doch nicht wörtlich gemeint, Gott hat doch keine Hände wie wir uns das vorstellen.“ 
„Das ist richtig, «nicht wie wir»,“ meinte der andere, „aber wenn es da steht, dann hat Er auch Hände, bloß dass sie in nichts mit dem vergleichbar sind, was wir Menschen unter Händen verstehen.“ 
„Nein“, sagte der andere, „Allah ist Einzig und mit nichts in Seiner Schöpfung vergleichbar und deshalb ist es völlig abwegig, zu sagen, Er habe Hände, das Wort steht doch nicht für einen menschlichen Körperteil“. 
„Natürlich nicht für einen menschlichen Körperteil. Aber, verstehst du denn nicht, was du da tust?“ erwiderte der andere, „Du widersprichst Gottes Wort! Denn wenn Gott Selbst von Seinen Händen spricht, kann man doch nicht einfach hingehen und sagen, sie existieren nicht.“
Und so stritten sie und stritten hin und her und der eine beharrte auf seinem Standpunkt, dass Allah mit nichts in der Schöpfung vergleichbar sei und deshalb keine Hand habe, und der andere war sich sicher, dass Er eine Hand habe, die mit nichts in der Schöpfung vergleichbar sei. Und ihre Familien zerstritten sich und trafen sich nicht mehr, und alle ihre gemeinsamen Freunde teilten sich auf in die Freunde des einen und in die des anderen und deren Freunde ebenso ….
Im richtigen Märchen käme jetzt die gute Fee. Spräche ihren Zauberspruch und auf einmal würden sich die beide Streithähne an Allah (s) erinnern und daran, wie viele GEMEINSAMKEITEN sie haben und wie klein sich dagegen die Meinungsverschiedenheiten ausnehmen. Alle würden sich freudig in die Arme fallen und gemeinsam feiern und beten und wenn sie nicht gestorben…..



(es geht um solche Koranverse:

 

«Er sprach: Iblis, was hat dich gehindert, dass du dich niederwirfst vor dem, was Ich mit Meinen beiden Händen geschaffen habe?…» (Sad, 75)
 
«So sei Preis Demjenigen, in Dessen Hand die Herrschaftsgewalt über alles ist und zu Dem ihr zurückgebracht werdet!» (Ya-Sin 83) 
 
«Sehen sie denn nicht, dass Wir ihnen unter dem, was Unsere Hände gemacht haben, 
Vieh erschaffen haben, über das sie verfügen?» (Ya-Sin 71) 
 

PS – ich weiß, dass dies nur ein Teilaspekt einer großen Grundsatzdiskussion ist, der auch durchaus islamwissenschaftlich begründete Standpunkte zugrunde liegen mögen, und ich will mich da beileibe nicht einmischen. Ich finde aber, diese Diskussion sollte nicht öffentlich auf YouTube oder in sozialen Netzwerken und auch nicht unter Verwendung gewisser islamischer Fachausdrücke geführt werden. Es entzweit und ich glaube, es verwirrt nicht nur Neulinge.

Veröffentlicht am 16.5.2011

  
Veröffentlicht am 2011-05-16



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3 Antworten zu “die Hand Gottes – ein Märchen”

  1. Ja, der Qur'an hat eben Recht, wir sollen schauen, wo denn die Gemeinsamkeiten liegen, anstatt das Trennende zu suchen:

    Sprich: "O Leute der Schrift! Kommt herbei! Einigen wir
    uns darauf, dass wir Allah allein dienen und nichts neben Ihn stellen
    und dass die einen von uns die anderen nicht zu Herren neben Allah
    annehmen. (Q, 3: 64)

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