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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Frömmler

auch eine Frömmlerin: Buschs fromme Helene
Ich habe den Ausdruck schon lange nicht mehr gehört, aber ich erinnere mich, dass es eine der abfälligsten Bezeichnungen war, mit dem man jemanden betiteln konnte. Wenn man über jemand hinter vorgehaltener Hand sagte „Ach, das ist doch so ne Frömmlerin“ – dann verstand ich als Kind, dass man so eine Person nicht respektierte. Noch weniger als einen Räuber vielleicht, oder einen Gauner. So ganz genau dachte ich nie über die Bedeutung nach, ich hatte aber ein Bild im Kopf, ein Bild von einer frommen Kirchgängerin, schon älter, mit Dutt, züchtig und unmodisch gekleidet, den Kopf leicht geneigt, von unten nach oben schauend mit einem  wehleidigen Gesicht, die Bibel in der einen Hand, den Zeigefinger der anderen aufhaltend, vor der Hölle warnend und fromme Sprüche von sich gebend. Solche Menschen interessierten uns nicht. Die allerschlimmsten davon nannten sich Jehovas Zeugen und klingelten an der Haustür und ließen sich kaum mehr abwimmeln. 

Im Duden steht zu den Wörtern:


sich [übertrieben] fromm gebärden, [übertriebene] Frömmigkeit zur Schau stellen

Bedeutung frömmelnd, Synonyme bigott ; (abwertend) frömmelnd

Frömmler

Substantiv, maskulin – frömmlerischer Mensch

Ab wo jemand ein Frömmler ist, hängt davon ab wie es mit dem Glauben desjenigen steht, der den Begriff anwendet. Wer selber gläubig ist, wird erst einen offensichtlichen „übertriebene Frömmigkeit zur Schau Stellenden“ oder  Heuchler Frömmler nennen.  Wer gar nichts mit Religion am Hut hat, wendet gerne den Begriff auch ganz allgemein für Menschen an, bei denen aus irgendeinem Grund erkennbar ist, dass sie einen Glauben haben.

Wie ich. Ich bin jetzt eine Frömmlerin.

Ich gebe mir zwar alle Mühe, meine Gedanken zur Religion hier in diesen Blog zu kanalisieren (den ja nur liest, wer will) und niemanden, der nichts davon wissen will, damit zu belästigen. Dass ich trotzdem mit dem Wort betitelt wurde, nehme ich auch nicht wirklich übel, denn ich kann leider nicht ausschließen, dass ich vor ein paar Jahren im umgekehrten Fall genau dasselbe oder ähnliches gesagt hätte. Und natürlich merkt man mir meinen Glauben an.

Für einen praktizierenden Muslim, eine Muslimin gestaltet es sich nämlich ziemlich schwierig, den Glauben zu leben, ohne dass jemand es merkt – deshalb gehört man also im Prinzip von vorneherein zur Spezies Frömmler/in. Denn, auch wenn man  keinerlei äußere Kennzeichen zur Schau trägt und es niemandem erzählt – sobald man nicht (mehr)  mittrinkt, vieles nicht mitisst, immer mal wieder „kurz weg“ muss, vielleicht Absagen erteilt wenn man zu alkoholträchtigen Feiern eingeladen wird, dann wird man früher oder später nach dem Warum befragt. Da muss man entweder lügen, immer wieder Ausreden erfinden, oder man sagt die Wahrheit, das bedeutet jedoch, dass „man die Frömmigkeit zur Schau stellt „….. und als Frömmler abgestempelt ist . Oder, da es für Muslime, die ihren Glauben „nach außen tragen“ noch ein paar ganz spezielle Synonyme für „Frömmler“ gibt, als Fanatiker,  Islamist, Extremist, etc. Da ist ja eigentlich Frömmler noch ganz harmlos.

Warum ich das alles hier zum Thema mache? Erstens als eine Art „Dampfablassen“ – ich war nämlich im ersten Moment zugegebenermaßen schon ein wenig geschockt, den Ausdruck auf mich gemünzt zu hören.

Eigentlich wollte ich diesen Artikel dann aber schubladisieren, dachte, ich kann nicht immer wieder Reaktionen auf Reaktionen bringen. Man könnte denken, ich sollte mich langsam daran gewöhnen und schweigen. Ersteres ja, man gewöhnt sich schon daran, es tut nicht mehr so weh. Zweites nein – solange es nicht aufhört mit diesen Vorhaltungen und falschen Einschätzungen und auch ganz konkreten Anschuldigungen, kann ich auch nicht aufhören mit meinen Versuchen, den Leuten vorzuhalten, dass das, was sie da tun, in keinem Verhältnis steht mit dem zwar durchaus existenten aber äußerst geringen Prozentsatz von echten Fanatikern und Extremisten unter den „ganz normalen“  den Glauben praktizierenden Muslimen, denen man ihren Islam ansieht oder anmerkt. Dass ich den Beitrag doch veröffentliche, hat auch mit dem »Kommentar« zu tun, der zum letzten Post eingegangen ist. Dieser ist ein so gutes Beispiel für das, was mir ständig begegnet, solche Statements kommen von ganz „normalen“ Nichtmuslimen, die weder den Islam noch die Muslime hassen, die nur einfach durch die stete Negativ-Propaganda verunsichert und voller Angst sind.

Eben habe ich noch einen guten Artikel gefunden zur Tendenz, alles was sicht- oder merkbar muslimisch ist, in einen Topf zu werfen, hier der Link:

(unten drauf klicken!)

Was hat Islam mit Islamismus zu tun?

  
Veröffentlicht am 2013-02-07



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