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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

Iman

Iman wird für Nichtmuslime meist kurz mit „Glaube“ übersetzt. Muslime allerdings sagen, es sei viel mehr als das, schon allein, weil er in der Schahada mündet, in der man bezeugt, dass es keine Gottheit gibt außer Allah, und dass Muhammad sein Gesandter ist. Bezeugen kann man sprachtechnisch ja nichts, was man „nur“ glaubt. Nein, bezeugen kann man nur etwas, was man entweder selber gesehen oder gehört oder erlebt hat.

Ja, ich erlebe „Iman“ als eine fühlbare Verbindung zu Gott, eine Art Anziehungskraft. Seit jenem Erlebnis auf dem Balkon, wo ich es zum ersten Mal fühlte, ist sie da. Mal stärker, mal schwächer. Aber sie ist da.

Wenn mein Iman stark ist, lasse ich mich nicht ablenken von den Einwänden meines früheren Ichs und seiner Verbündeten (Familie, Freunde, Bekannte, agnostische und atheistische Wissenschaftler und deren Veröffentlichungen). Ich weiß  dann ganz genau, wohin ich gehöre. Frage mich zum Beispiel nicht zum x-ten mal, wie das jetzt ist mit der Vorherbestimmung und dem eigenen Willen. Mein Iman versteht das Paradoxon, mein Verstand nicht. Aber letzterer ist sich seiner Beschränktheit bewusst, vertraut auf die höhere Instanz, akzeptiert es, dank des Iman.

Er ist nicht immer gleich. Der Iman braucht Pflege. Man muss etwas dafür tun. Zum Glück sind der Koran und vor allem die Hadithe voll von Tipps und Tricks zur Stärkung des Iman. Ja ja, ich weiß, ein Nichtmuslim nennt das vielleicht „fortgesetzte Autosuggestion zur Aufrechterhaltung und Vervollkommnung der Gehirnwäsche“. Aber ich kann ihm sagen, dem Nichtmuslim, dass es nichts Wahrhaftigeres, Realeres und Erhebenderes gibt, als diese Verbindung mit Gott. Und wer sie einmal gefühlt hat, auch nur ansatzweise, nur ganz kurz, ich glaube, der wird sehnsüchtig alles tun, sie sich zu erhalten, sie zu vermehren, zu verstärken. InschaAllah.

Und jetzt, wo ich eine kleine Durststrecke durchlaufen musste, lernte ich, den Wert des Dhikr, der Gotteserinnerung, so richtig zu erkennen. Lieber spät als nie – und ich bin sehr froh, dass ich mich nicht, wie mal geplant, über diese Anleitungen, so und so oft mal dies oder jenes zu sagen, lustig gemacht habe. Denn wer sagt mir, dass nicht gerade jenes dreiunddreissigste „SubhanAllah“ das perfekte ist? Nicht ausgerechnet das siebenundzwanzigste „Allahu Akbar“ die zu unterbrechen drohende Verbindung wieder herstellt? Eines von unzähligen „Alhamdulillah“ könnte mir die ersehnte Ruhe bringen. Vielleicht erlange ich beim  xten „Bismillah“ endlich die volle Achtsamkeit. Und so werde ich bescheiden und vertraue darauf, dass auch in Zeiten schwächeren Imans die Verbindung nie ganz unterbrochen werden kann, solange ich nicht aufhöre, zumindest in Tat und Wort die Gottesdienste zu verrichten. Er braucht sie nicht, sie nützen nur uns selbst.

… Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe! (Ar-Ra’d 28) 

Oh ihr Menschen, ihr seid es, die Allahs bedürftig sind; Allah ist aber der Unbedürftige und Lobenswürdige.(Fâtir 15)

PS Wusstet ihr übrigens, dass íman in der portugiesischen resp. imán in der spanischen Sprache „Magnet“ bedeutet?

(Veröffentlicht am 10.3.2012)

  
Veröffentlicht am 2012-03-10



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Eine Antwort zu “Iman”

  1. As salamu aleikum liebe Chadidscha!

    Barak Allahu feeki, meine Zwillingsschwester in Islam, dass du dein Fühlen und deine Gedanken in Worte fasst, welche meinen zu beinahe 100% entsprechen.Alhamdulillah hab ich dich gefunden.

    Wassalam

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