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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

unchristliche Herrgottsfrühe

In der Tat, wir stehen schon sehr früh auf im Ramadan und wann immer wir sonst einen freiwilligen Fastentag einlegen. Fajr, der Zeitpunkt, ab welchem gefastet wird, ist hierzulande im Sommer um ca. halb fünf Uhr. Da ist es um halb vier allerhöchste Zeit, aufzustehen, wenn man noch in Ruhe Witr* beten und Suhur** zubereiten und zu sich nehmen will. 

 

Anas Ibn Malik y  berichtete, dass der Prophet, Allahs  sagte: „Nehmt (im Ramadan) eine Mahlzeit vor der Morgendämmerung ein, denn diese ist eine segensvolle Mahlzeit.“ [Sahih Al-Bucharyy Nr. 1923]
 
In Deutschland findet das Ganze je nach Standort noch eine gute Stunde oder mehr früher statt. Und während der letzten 10 Nächte des Ramadan kommen wir vor Suhur oft gar nicht zum Schlafen. 
 
Bei so einer „unchristlichen Uhrzeit“ kommt einem schnell der Ausdruck „in aller Herrgottsfrühe“ in den Sinn. Ich wollte wissen, woher diese Begriffe kommen.
 
Die Suche war nicht ergiebig, nicht einmal das sonst so ausführliche Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm“ geht auf die Herkunft dieser Redewendungen ein. Immerhin hat mir Scheich Google dann doch noch ein paar Vorschläge gemacht, ohne Gewähr, allerdings.
 
Bei der „Herrgottsfrühe“ handele es sich vielleicht um einen Hinweis auf das Läuten der Glocke zur Frühmesse, las ich. Oder es könnte sich auf Gott als den Geber und Herrn der Zeit beziehen.
 
Die „unchristliche Uhrzeit“ wiederum könnte, so wird spekuliert, vom Gebetsruf des Muezzins her kommen, der noch vor den christlichen Glocken ertöne. Stimmt aber nicht – es gab natürlich schon früher Kirchenglocken, die jede Viertelstunde anzeigten und besagte Frühmessen, die nicht nach dem Athan sondern davor stattfanden, deshalb ist der islamische Bezug äußerst unwahrscheinlich.
 
Wie dem auch sei, wenn man so früh auf ist, wenn es noch dunkel ist und ganz still, wenn noch nicht einmal die Vögel zwitschern und der erste Hahnschrei auf sich warten lässt, dann scheint es, als hätte man die Welt für sich allein und man fühlt sich in aller Herrgottsfrühe seinem Herrn und Gott, Allah, dem Geber und Herrn der Zeit (und alles anderen) näher denn je.
 
Nach Suhur und Fajr-Gebet und etwas Koran-Lektüre geht es dann inschaAllah um Shuruk herum (Sonnenaufgang), bei ein wenig ganz speziellem Früh-Gesang  vor meinem Schlafzimmerfenster, noch ein Stündchen oder zwei schlafen. Darf ich vorstellen: Mein Gartenteichfrosch:

Und jetzt schlaft alle gut!

Das losgelöste Adjektiv „unchristlich“ wird übrigens bei den Gebrüdern Grimm sehr eingehend behandelt. Wen’s interessiert: http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GU05756
* ein freiwilliges nächtliches Gebet
** die letzte Mahlzeit vor dem Fastenbeginn
  
Veröffentlicht am 2013-07-30



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3 Antworten zu “unchristliche Herrgottsfrühe”

  1. Vielen Dank und herzlich willkommen. Wir kennen uns schon länger, ich bin Doppelbloggerin 😉 – bei dir schon lange Gast als pausenblog (meinem Stiefkind). Ich schau immer wieder vorbei, bin nur nicht so eine fleißige Kommentatorin.

    Liebe Grüsse
    Chadidscha

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