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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...

uncool

Lange habe ich gezögert, diesen Beitrag zu veröffentlichen. Nicht zuletzt, weil viele, die mich von früher kennen, sagen werden: „Was – die? Die war doch selber kein Kind von Traurigkeit!“ Und sie werden mir wahrscheinlich nicht glauben, dass ich ganz oft zu denen gehörte, die sich schämte, sich zu schämen….

Wenn die Angst, bei  anderen als uncool oder prüde zu gelten, größer ist als die Scham, dann tut man Dinge, derer man sich schämt, nur um nicht zuzugeben, dass man sich schämt. Ist das die große Befreiung?

Schamhaftigkeit. Einstmals war das ein guter, wünschenswerter Wesenszug, wurde jedoch spätestens seit den 60/70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor allem in den sogenannt fortschrittlichen Ländern zu einer verachtenswerten Eigenschaft. Synonym für altbacken, unmodern, out,  frömmlerisch, verklemmt. Zum Beispiel ist rot zu werden, der sichtbare Ausdruck der Scham,  etwas vom Peinlichsten, was einem jungen Menschen unter Gleichaltrigen passieren kann. Und Schüchternheit, die vordergründige Manifestation der Scham, ist eine um jeden Preis zu verdeckende Eigenschaft – am besten mit übertriebener Coolness, wenn nötig auch mit mehr oder weniger Alkohol und nicht selten mit Aggressivität. Und es gibt auch Therapien, die Betroffene von diesem störenden Wesenszug befreien sollen. Denn viele Schüchterne fühlen sich „Befreiten“, „Coolen“ gegenüber, die sie vielleicht auslachen, minderwertig und haben demnach einen „Minderwertigkeitskomplex“, den es zu beseitigen gilt.


Doppelmoral gab es schon immer, und auch Menschen ohne Schamgefühl. Aber ich denke schon, dass der zunehmende Verlust desselben gerade in den letzten Jahren für Auswüchse, seien sie nun sexueller oder anderer Art (z. B. das Halbtot-Schlagen unbeteiligter Passanten oder auch Mobbing) mitverantwortlich ist. Und auch dafür, dass gewisse Straftäter noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen geschweige denn Reue entwickeln.



PS – Den Artikel hatte ich 2011 geschrieben, als die Polemik um jene Ägypterin, die sich nackt zeigte, aufkam, was ich als Mitgrund für die Veröffentlichung dieses Beitrags angegeben hatte. Ich fand es schade, dass diese „Entschämung“ von uns in die islamischen Länder „überschwappte“, dass man „Sich öffentlich ausziehen“ mit „Freiheit“ gleichsetzt. Daher die Kommentare.


Zum gleichen Thema: >>Schäm dich!


  
Veröffentlicht am 2011-11-18



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14 Antworten zu “uncool”

  1. Naja, du lebst nicht in Ägypten, bist in Freiheit aufgewachsen. Die "Schamhaftigkeit", die du erwähnst, führt ja genau in diese Übersexualisierung. Ägypten hat ein großes Problem mit sexueller Belästigung von Frauen.

    Durch die Verschleierung und Geschlechtertrennung wird die Frau erst zum reinen Sexualwesen abgestempelt und die Männer lernen viel zu wenig, dass sie ihre Sexualtriebe selbst unter Kontrolle halten sollten. Die Frau wird zur wandelnden Vagina und die Männer können angeblich gar nicht anders. Versuche das mal bitte aus der Warte zu betrachten.

  2. Eine gewisse Portion an Scham sollte man haben. Dieses Mädchen versucht sich mit ihren Nacktfotos ins Rampenlicht zu bringen, was ihr ja durchaus gelungen ist. Was das mit Freiheit zu tun hat ist für mich unverständlich. Ich habe mir die Frage gestellt, ob sie das Ausmaß der Konsequenzen auf Ihr weiteres Leben begreift. Es wird sie viele Jahre begleiten und es wird die Zeit kommen, wo sie die heutige Entscheidung bitter bereuen wird. Kein seriöses Unternehmen wird sie einstellen. Ihre Gesellschaft lehnt sie ab und diejenigen, die sie jetzt aufmuntern und bewundern werden die ersten sein, die sie fallen lassen. Traurig, dass die Jugend Freiheit mit dem Verfall der Würde des Menschen vergleicht. Geenie67

  3. Maja, ich denke nicht, dass es die Geschlechtertrennung und die Verschleierung ist, sondern eher die Armut als Ursache der mangelnden Bildung und das (durchaus durch muslimische Männer und auch Gelehrte forcierte) Vergessen um die koranische Gleichwertigkeit (nicht Gleichheit) von Mann und Frau.

    Wozu die Abschaffung des Schamgefühls hingegen führt, kann man sehen, wenn man hierzulande die Werbung anschaut, Filme, Zeitschriften, Nachrichten über alle möglichen Perversitäten und wie sich "normale" Leute in Reality-Shows bloß stellen und stellen lassen (nicht nur ihre Körper – viel schlimmer noch ihre ganze Persönlichkeit.

  4. Ich denke auch nicht, dass das mit Verschleierung und Geschlechtertrennung zutun hat. Mein Mann ist aus Ägypten und wir waren erst vor einem Monat zwei Monate dort und was da herrscht, ist nicht weit entfernt von dem was wir hier kennen.
    Zumindest in der Stadt triffst du oft auf "moderne" Frauen und Männer. Schulen sind gemischt (abgesehen von den islamisch geprägten wie die Uni al-Azhar), es gibt nur wenige Mädchen-/Jungenschulen. Und die riesigen Werbeplakate die durch die halbe Stadt stehen zeigen meist ebenfalls halbnackte Frauen, die mit Photoshop "superschön und natürlich" gemacht wurden.
    Ich selber war erschrocken, wie sehr doch Ägypten vom Westen geprägt ist. Besonders schlimm ist es in den Teilen, in die es viele Touristen zieht, wie Hurghada. Wer da hingeht, der sucht vergebens nach Ägypten und findet hauptsächlich Russland und Deutschland. Discos und Bordelle pur… Inshallah ändert sich das bald mit dem Verbot…

  5. Das glaube ich weniger, das Armut dahinter steckt. Auch in den reichen Golfstaaten besteht dieses Problem und in leider vielen anderen muslimisch geprägten Ländern.

    Indem die Frauen verschleiert und total abgetrennt sind von allen fremden Männern, erzieht man die Gesellschaft ja nicht zur Tugendhaftigkeit, im Gegenteil. Dadurch entsteht ja erst ein ziemlich verkorkstes und irgendwie panikartiges Geschlechterverhältnis.

    Frauen, die allein und unverschleiert umhergehen, sind in nicht allen, aber viel zu vielen streng muslimisch geprägten Gebieten tatsächlich gefährdet, belästigt zu werden. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung, diese Warnungen vor "Schamlosigkeit".

    Ich glaube nicht dass man das als universelles Gebot des Islam deuten sollte, das kommt aus der Beduinenkultur.

  6. Schöner Artikel, danke! Der Prophet (s.a.s) hat gesagt, dass Haya (Schamgefühl) zum Glauben gehört. Dass Frauen belästigt werden, ist eher das Gegenteil davon. Das scheint aber speziell ein ägyptisches Problem zu sein. Im Iran war ich auch mal öfter allein unterwegs, und da war es nicht so schlimm.

    Ich bin nicht gerade ein Freud-Anhänger, aber in einem hatte er Recht: "Der Verlust des Schamgefühls ist der Beginn des Schwachsinns." Das unterscheidet uns ja gerade von den Tieren. Ein Tier hat kein Schamgefühl.
    Adam und Eva hatten vor dem Genuss der "verbotenen" Frucht kein Schamgefühl. Erst als sie sie gegessen hatten, wurde ihnen ihre Nacktheit bewusst und hüllten sich in die Blätter des Gartens. Sie lebten vorher in einem Art "tierischen "Paradies.

  7. Liebe Maja,
    wollte noch hinzufügen, dass es darauf ankommt, ob Mädchen/Frauen zur Verschleierung gezwungen werdcen oder nicht. Das gibt es auch hierzulande. Es gibt einige türkische Familien, die ihre Kinder ab einem gewissen Alter zum Kopftuch zwingen. Diese Mädchen wollen meist nicht und sobald sie das Haus verlassen wird das Kopftuch abgezogen.

    Aber eine Frau/Mädchen, die sich aus eigener Entscheidung verschleiert bevorzugt die Geschlechtertrennung und macht nicht so einen Aufstand, wie dieses ägyptische Mädchen.

    Deshalb sehe ich deine Ansicht vond er Schamhaftigkeit als Umkehrfunktion als falsch, weil es eben nur darauf ankommt, ob es freiwillig getan wird oder nicht. Und Zwang gibt es im Islam nicht. Was wegen zwang passiert, sieht man ja bei diesem Mädchen…

  8. Salam liebe Fatima,
    ich denke, es kommt auf die Gegenden an. Ich kenne eine Iranerin, die mir erzählte, in der Gegend wo sie herkommt, ist es ebenfalls so, dass verschleierte Frauen sogar angesprochen, angebaggert oder begrabscht werden.
    Also ägyptisches Problem finde ich nun nicht. Gibt es ebenfalls in anderen Ländern wie Tunesien, Marokko etc. Nur eben nicht in allen Gegenden.
    Wallahu alem

  9. Aber grau ist alle Theorie, liebe Almas. In der Realität ist es leider so, dass gerade solche Länder gehäuft ein Problem haben mit Männern, die ihre Triebe schlecht kontrollieren können, in denen strikte Geschlechtertrennung und Verschleierung vorherrschen.

    Und das ist psychologisch auch nicht allzu schwer zu erklären.
    Wenn die normale Begegnung zwischen Mann und Frau zu einer permanenten Unzuchtgefahr geredet wird, reduziert man den Menschen auf ein triebgesteuertes Wesen, von dem gar nicht erwartet wird, sich beherrschen zu können.

    DAS ist Übersexualisierung, Sexismus. Das Verhältnis von Mann und Frau wird auf den Geschlechtstrieb reduziert.
    Dadurch lernt man(n) nicht, dass er sich beherrschen kann, sein Trieb wird als Naturgewalt dargestellt, für den er gar nichts kann. Die Frau hat ihn "gereizt" und er lebte halt seinen Trieb aus. Das, liebe Almas, ist einsehr sexualisiertes und auch verkorkstes Menschenbild.

    Das Mädchen muss sich nicht ausziehen, um das zu beklagen, das sehe ich wie du. Aber ich verstehe ihre Intention. Und das solltest du auch.

  10. Thank you! Thank you for your pride in religion, but you should not regret a picture supported by Jewish women.
    only their fitna
    and also this does not represent Islam, because neither class nor the girl univercity indicates a connection with Islam

  11. Das Thema Schamgefühl ist ein sehr komplexes.Als konvertierte Muslima, doch schon in fortgeschritten Alter kann ich nur eines sagen: Ich war ein FKK Fan, sowas wie Schamgefühl in Bezug auf Nacktheit war mir von Kind auf fremd, war für mich natürlich und ich dachte es wird auch so bleiben, weil eben geprägt.
    Doch weit gefehlt, denn mein Schamgefühl in dieser Hinsicht wird immer stärker und zwar automatisch, ohne bewusstes Hinarbeiten, weil ich ja jetzt als Muslima sollte. Ich bin selber sehr überrascht und deute es für mich so, dass Scham doch eine absolut natürliche Veranlagung ist, die von der Gesellschaft, Eltern, was auch immer zugeschüttet wird.

  12. Maja
    in westlichen Laendern gibt es bekannlich das Problem der teenage und single Mütter. In Islam gepraegten Landern haben wir das viel weniger. Und wenn es vorkommt, dann wegen Verwestlichung. Was sagst Du dazu?

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