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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...
Die „Leiden“ der Konvertierten Teil 2
Bevor ich mit der eigentlichen Fortsetzung beginne, eine kurze Relativierung des ersten Teils : Der war nämlich nicht so ganz bierernst gemeint. Der Titel, der sich an „die Leiden des jungen Werther“ von Goethe anlehnt, sollte darauf hinweisen dass der Beitrag vermutlich etwas überzogen daher käme. (Ich konnte leider nicht „der jungen Konvertierten“ sagen weil ich mich dann ja selbst ausgeschlossen hätte 😉 ). Natürlich reagiert nicht das gesamte Umfeld gleich negativ, es gibt auch ganz viele moderate und bescheidene Konvertierte und selber durfte ich ein paar ganz tolle Schon-immer-Muslim/as kennen lernen – einige von ihnen sind mir eine große Hilfe, und ich spreche ihnen an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aus. Dass der Nutzen, der Segen des Glaubens die erwähnten Unannehmlichkeiten bei weitem aufwiegt und ins Unendliche (durchaus wörtlich zu verstehen :)) übertrifft, versteht sich von selbst (wäre ja sonst jeder schön dumm, wenn er das alles für nichts und wieder nichts in Kauf nähme).
Dass auch das mit der Familie ganz anders geht, beweist dieser Eintrag, den kürzlich eine Glaubensschwester voller Freude auf fb gepostet hat:
«Ich habe mir völlig umsonst Gedanken gemacht, dass meine Eltern negativ auf meine Konvertierung reagieren könnten. Sie waren jetzt eine Woche bei uns und ich habe es ihnen gleich am ersten Abend endlich mitgeteilt………. Sie haben total locker reagiert – überhaupt nicht geschockt, alhamdoulillah!»
Selbstverständlich gibt es 1001 wichtigere Dinge als die negativen Reaktionen des Umfeldes auf die Annahme des Islam. Warum ich trotzdem immer mal wieder darüber schreibe und warum wir Konvertierte manchmal die lästige Tendenz haben, uns selber zu wichtig zu nehmen, davon wird inshaAllah Teil 3 handeln. (Die Übereifrigkeit von Konvertierten habe ich übrigens vor längerer Zeit hier schon mal versucht, aus meiner Sicht ein wenig zu erklären).
Jetzt aber erst mal zurück zur Frage: „Wie und aus welchen Quellen soll man sich denn am besten informieren (außer resp. erklärend und vertiefend über Koran und Ahadith, die man erst mal und immer wieder selber lesen sollte)?“ Diejenigen, die nun eine konkrete Anleitung erwarten, muss ich enttäuschen. Ich werde hier ganz bestimmt keine Empfehlungen abgeben, dazu bin ich einfach nicht kompetent. Ich kann nur sagen, wie ich es halte:
Bei meinen Recherchen vermeide ich zunächst Rassistisches, Aufwieglerisches, Diskriminierendes, Marktschreierisches und Einseitiges – sei es geschrieben oder vorgetragen, PDF, Buch oder Youtube. Ansonsten „nehme“ ich ein wenig von rundherum, schaue mir alles möglichst unvoreingenommen an, ich bin ja auf der Suche nach einer „gesunden Mitte„, ohne Übertreibungen, ohne Haarspalterei, aber die Religion ernst nehmend. Natürlich sehe ich mir immer alles ganz genau an, woher es auch kommt.
Aber weil ich ja immer noch ein Anfänger bin mit Null „Erziehungswissen“ (welches geborene Muslime im Laufe ihres Aufwachsens automatisch mitkriegen) und sehr wenig Vergleichsmöglichkeiten (weil ich ja vor kurzer Zeit noch gar nichts wusste), überfordert mich das manchmal und ich bin immer noch in vielen Dingen unsicher und tendiere mal hierhin und mal dahin. Aber, wisst ihr was? Nachdem ich am Anfang manchmal ungeduldig wurde, wenn ich nicht die „ultimative Antwort“ auf eine Frage kriegte, scheint mir jetzt je länger je mehr, gerade dieses Oszillieren, dieses Schwanken und Suchen sei ein wichtiger Bestandteil des Glaubens und ein Zeichen, dass man sich weiter entwickelt. Es ist das, was die Religion in mir lebendig erhält, mich dazu bringt, nachzudenken, nachzuforschen, weiterzulesen und zu -lernen. Ganz wie es auch der leider anonyme Leser zu Teil 1 kommentiert hat: „Es ist eine Lebensaufgabe.“
Wie der Koran uns an vielen Stellen auffordert, versuche ich bei allem, was ich lerne, lese, sehe oder höre, meinen Verstand zu benutzen. Aber auch hier heißt es aufgepasst, denn, wie der französische Philosoph Claude Adrien Helvétius meines Erachtens treffend sagt:
Der Glaube an Vorurteile gilt in der Welt als gesunder Menschenverstand.
Und das gilt natürlich in alle Richtungen. Das bedeutet, man darf nicht z.B. den Nichtmuslimen Vorurteile vorwerfen und meinen, selber frei davon zu sein. Deshalb kann auch der (gesunde Menschen)-Verstand nicht immer die letzte Instanz sein – denn seien wir ehrlich – so ganz sicher sind wir nie, wo der ‚manipulierte Massenverstand‚ oder eben dieser nicht ganz so gesunde Menschenverstand aufhört und der wahre Verstand anfängt.. Aber, ganz im Vertrauen -: Ich habe eine letzte Instanz ;):
Al hamdu-lillah.
Al- Baqara
بسم الله الرحمن الرحيم
Alif-Lam-Mim (1) Dieses Buch, an dem es keinen Zweifel gibt,
ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen (2)
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