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Gedanken und Erfahrungen von einer, die fand, Religion sei nur etwas für schlichtere Gemüter - und dann
zum Islam konvertierte. Ausgerechnet ...
Kompromisstuch ade!
„Da gibt es noch eine ‚optische‘ Veränderung“, habe ich im letzten Artikel geschrieben …
Relativ kurz nach meiner Konvertierung stellte ich fest, dass das Thema Kopftuch die Gemüter sowohl der Muslime als auch der sogenannten „Islamkritiker“ unverhältnismäßig erregt. Mir ging das ein wenig auf die Nerven – man kann doch eine Religion nicht auf ein Stück Stoff reduzieren! Immerhin ist Verschleiern keine Säule des Islams, im Gegensatz zum Bekenntnis, zum Gebet, zur Zakat, zum Fasten und zur Hadsch.
Ich konnte mich dem Thema natürlich nicht entziehen, und so habe ich dazu u. a. folgende Artikel veröffentlicht, zu denen ich auch heute noch stehe:
Was ich allerdings bisher nicht getan habe, ist, darüber zu berichten, wie ich es denn nun selbst mit der Kopfbedeckung halte. Eigentlich ist es eine ganz bewusste Entscheidung, mich im Blog nicht über meinen persönlichen Umgang mit umstrittenen Themen auszulassen, aber hier mache ich eine Ausnahme, nicht zuletzt in der Hoffnung, Angehörigen und Freunden eine neue kleine Veränderung wenigstens halbwegs verständlich zu machen.
Anfangs hatte ich natürlich die Tendenz – mit dem Wunsch als Vater des Gedankens -, das Kopftuch wie viele liberale, moderne Muslime als obsolet zu betrachten. Alles wäre viel leichter, wenn mir mein Glaube nicht auch noch anzusehen wäre.
Ich hätte es dabei belassen können. Schließlich hatte ich weder einen Mann, der mich zwang, noch irgendwelche Harampolizisten um mich herum, ja nicht mal Glaubensgeschwister, die mich beeinflussten.
Doch obwohl die entsprechenden Publikationen für eine „Neue“ durchaus logisch klangen, fühlte es sich – für mich – nicht ganz richtig an. Also begann ich, die verschiedenen Madhab (Rechtsschulen) zu durchforsten, und stellte fest, dass der große Teil aller Gelehrten, und zwar nicht nur der altvorderen, und auch nicht nur der besonders konservativen, die entsprechenden Koranverse (siehe unten) auch heute noch als eindeutiges Gebot interpretieren. Und dass viele moderne, liberale Muslimas, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die Sache auch so sehen und das Ding ganz selbstverständlich tragen.
Im Grunde hätte ich mir die Arbeit sparen können: Denn mein eigenes Gefühl sagte mir ja, auch wenn ich es erst nicht wahrhaben wollte, dasselbe. Nicht einmal Vers 60 der Sure An-Nur (siehe unten) konnte mich so richtig vom Wunsch, dem Gebot nachzukommen, befreien.
Und so begann ich, meine Haare zu bedecken. Ich knotete mein Tuch im Nacken oder schlang es turbanartig mehrmals um den Kopf. Denn ich wollte nicht, dass meine ohnehin entsetzten Angehörigen sich für ihre durchgeknallte Ehefrau/Mutter/Tochter/Schwester/Freundin etc. allzusehr schämen mussten, deshalb der Kompromiss.
Es wurde von den meisten ganz gut akzeptiert, besser, als ich befürchtete. Nur: Einen wichtigen Zweck erfüllte es natürlich nicht. Ich wurde nicht als Muslimin erkannt. Es war sogar irreführend: Hie und da wagte jemand, mich nach meinem Gesundheitszustand zu befragen … man vermutete wohl eine Chemotherapie. Andere hielten das Tuch für ein etwas exzentrisches modisches Accessoire. Und wenn ich – was hier äußerst selten vorkommt – irgendwo auf einen Hijab traf, reichte mein Kompromisstuch auch nicht für ein Erkennen, ja nicht einmal für einen kurzen Augenkontakt, geschweige denn für ein ersehntes „salam alaykum“…
Und nun stand also die Hadsch an. Und ich nahm mir vor, zumindest während dieser Reise von Anfang bis Ende das Kopftuch korrekt islamisch zu binden.
Ich traute mich. Und es fühlte sich gut und richtig an.
Und so beließ ich es dabei.
Die relevanten Koranverse:
O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunterziehen. Das ist eher geeignet, daß sie erkannt und so nicht belästigt werden. Und Allah ist Allver gebend und Barmherzig.
(Al-Ahzāb: 59)
Und sag zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten, ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer dem, was (sonst) sichtbar ist. Und sie sollen ihre Kopftücher auf den Brustschlitz ihres Gewandes schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, ausser …………
(An-Nur Vers 31)
(Nur nebenbei zur Info: Die Männer werden als erstes erwähnt: Sag zu den gläubigen Männern, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten. Das ist lauterer für sie. Gewiß, Allah ist Kundig dessen, was sie machen. (An-Nur Vers 30)
Und für diejenigen unter den Frauen, die sich zur Ruhe gesetzt haben und nicht mehr zu heiraten hoffen, ist es keine Sünde, wenn sie ihre Gewänder ablegen, ohne jedoch ihren Schmuck zur Schau zu stellen. Doch sich (dessen) zu enthalten, ist besser für sie.
Und Allah ist Allhörend und Allwissend.4 (An-Nūr: 60)
Und Allah ist Allhörend und Allwissend.4 (An-Nūr: 60)
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Veröffentlicht am 2014-10-28
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3 Antworten zu “Kompromisstuch ade!”
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Mashallah. Ich wünsche Dir viel Kraft und Gottes Segen.
"Und für diejenigen unter den Frauen, die sich zur Ruhe gesetzt haben und nicht mehr zu heiraten hoffen, "
Also ein Fruchtbarkeitsanzeiger
Und sie sollen ihre Kopftücher auf den Brustschlitz ihres Gewandes schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, ausser …………
(An-Nur Vers 31)
Bloß das in der offiziellen Überstzung nichts von Kopftüchern steht, das ist schon eine Interpretation.